Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Stacy Kauk.
Arbeiten im Jahr 2020: Das bedeutet, weg von der Zentralisiertheit im Büro, hin zu Homeoffice und anderen alternativen Workspaces. Was im Zuge der Digitalisierung vermutlich ohnehin irgendwann aufgekommen wäre, wurde durch die Corona-Pandemie nur noch beschleunigt. Eine Frage, die sich dabei stellt: Welche (positiven) Effekte hat Remote-Arbeit auf unseren Planten? Der folgende Beitrag versucht, dass einmal zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
Shopify - ein digitales Unternehmen
Im Mai 2020 kündigte Shopify an, dass es nun ein sogenanntes „Digital by Default“-Unternehmen sei. Das bedeutet, dass wir unsere Büros bis 2021 geschlossen halten werden. Auch danach werden die meisten unserer Mitarbeiter dauerhaft remote arbeiten.
Mit den Worten unseres CEO, Tobi Lütke: „Die Bürozentriertheit ist vorbei“ (Office centricity is over).
Ab heute ist Shopify standardmäßig ein digitales Unternehmen. Wir werden unsere Büros bis 2021 geschlossen lassen, damit wir sie für diese neue Realität umgestalten können. Und danach werden die meisten dauerhaft aus der Ferne arbeiten. Die Bürozentriertheit ist vorbei.
— Tobi Lutke 🌳🌲🛒🕹 (@tobi) May 21, 2020
Während Shopify für diese neue Normalität plant, hat mich eine Frage sehr beschäftigt: Was bedeutet diese Form der Digitalisierung für die CO2-Emissionen des Unternehmens?
Um diese Frage zu beantworten, führen wir ein Experiment durch, um herauszufinden, welche Auswirkungen die Remote-Arbeit auf den Energieverbrauch und die Emissionen hat. Wir planen, unsere Ergebnisse auf der Grundlage unseres Datensatzes von Mitarbeitern weltweit zu veröffentlichen.
Lesetipp: Shopify kompensiert CO2! Den Auswahlprozess und worauf es uns dabei ankommt, beschreiben wir hier.
Emissionen in einer digitalen Welt
Im Oktober 2019 äußerte Tobi einen Gedanken, der ihn seit Jahren beschäftigte: Es befindet sich einfach zu viel CO2 in der Luft. So versprach er dem Nachhaltigkeitsfonds von Shopify jährlich 5 Millionen Dollar, um in Technologien zu investieren, die zur Lösung der Klimakrise beitragen könnten.
Tobi hat mich mit der Verwaltung dieses Fonds beauftragt. Ich bin von Beruf Umweltingenieur. Seit ich Anfang dieses Jahres zu Shopify kam, habe ich unsere Bemühungen verstärkt, damit ich unsere Mittel zur richtigen Zeit an die richtigen Stellen verteilen kann.
Wir haben uns öffentlich dazu verpflichtet, klimaneutral zu sein. Aktuell sind wir auf einem guten Weg zu einem Netto-Nullpunkt, der CO2 dauerhaft aus dem Kohlenstoffkreislauf entfernt. Wie viele Unternehmen haben wir zudem den Energieverbrauch in unseren Büros gemessen, verfolgt und mithilfe von Kompensationen und Gutschriften für erneuerbare Energien adressiert. Der Umstieg auf ein größtenteils digitalisiertes Arbeitsumfeld (Digital by default) hat jedoch für einen umfassenden Wandel gesorgt.
Lesetipp: Wie du eine einzigartige Über-uns-Seite gestaltest, verraten wir dir in diesem Beitrag.
Unsere geschäftlichen Emissionen fallen nun nicht mehr zentral in speziellen Büroräumen an. Stattdessen sind sie in die Homeoffices von mehr als 6.000 über den Globus verteilten Shopify-Mitarbeitern integriert. Das ändert nichts an unserem Engagement für das Klima, stellt uns aber vor neue Herausforderungen.
Lesetipp: Homeoffice-Ideen zur Maximierung deiner Produktivität stellen wir dir hier vor.
Wird diese neue Arbeit von zu Hause aus unseren Energieverbrauch und unsere Kohlenstoffemissionen erhöhen oder verringern? Werden sie gleich bleiben? Was kann gemessen werden? Was sollte in den Messungen enthalten sein?
Wir haben uns mit der bereits bestehenden Forschung befasst, um zu sehen, ob unsere Fragen bereits beantwortet wurden. Um es kurz zu machen, dem war nicht so.
Ist das Arbeiten von zu Hause aus besser oder schlechter für die Umwelt?
Die Online-Zeitschrift IOPscience veröffentlichte kürzlich eine Übersicht über 39 Studien zu den Klimaauswirkungen der Remote-Arbeit. 26 dieser Studien deuten darauf hin, dass das Arbeiten von zu Hause aus den Energieverbrauch senkt. Acht Studien fanden heraus, dass es den Energieverbrauch erhöhen oder die gleichen Auswirkungen auf den Energieverbrauch haben könnte.
Das Problem besteht jedoch darin, dass jede Studie, die in diesem Bericht aufgenommen wurde, andere Methoden, Anwendungsbereiche und Annahmen verwendet. Jeder Fall ist anders, wobei die Ergebnisse je nach den ein- und ausgeschlossenen Aktivitäten variierten. Einige Studien berechneten den Energieverbrauch für eine einzelne Person, andere untersuchten einen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung. Einige berechneten die Pendelfahrten für ein paar Tage pro Woche oder Monat, andere betrachteten jeden Arbeitstag. Die meisten Studien konzentrierten sich auf ein enges Spektrum von Auswirkungen (wie z. B. Pendelfahrten allein), weil dies am einfachsten zu messen ist. Es gibt jedoch so viele andere Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt.
Im Moment ist noch unklar, ob die Arbeit von zu Hause aus im Vergleich zur traditionellen Büroarbeit zu höheren, niedrigeren oder den gleichen Emissionen führt.
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Auch das Team von Purelei war durch Corona gezwungen, alles von zuhause aus zu regeln. Wie das klappte, hörst du im Podcast!
Verhaltensänderungen bei der Arbeit von zu Hause aus
Die Remote-Arbeit kann Wechselwirkungen erzeugen, die das Verhalten der Menschen dramatisch verändern. Ob das allerdings dem Klima zugutekommt, wissen wir noch nicht.
Der große und offensichtliche Vorteil der Remote-Arbeit besteht darin, dass sie die Emissionen durch das Pendeln der Mitarbeiter eliminiert. Das Gesamtbild gestaltet sich jedoch weitaus komplizierter. Neue Arbeitsumgebungen führen zu Veränderungen im Verhalten der Mitarbeiter, die schwer zu messen und unmöglich vorherzusagen sind. Diese Wechselwirkungen könnten die Vorteile eines Wegfalls der Pendelfahrten aufheben.
Im Moment ist noch unklar, ob die Arbeit von zu Hause aus im Vergleich zur traditionellen Büroarbeit zu höheren, niedrigeren oder den gleichen Emissionen führt.
Pendeln
Einige Mitarbeiter könnten beschließen, außerhalb der Stadt zu ziehen, da sie nicht mehr in der Nähe des Büros sein müssen. Dies könnte bedeuten, dass sie zwar Energie sparen, indem sie nicht jeden Tag zur Arbeit pendeln, aber tatsächlich mehr Emissionen verursachen, indem sie weitere Strecken zurücklegen, um an Veranstaltungen teilzunehmen, Besorgungen zu erledigen oder gelegentlich ins Büro zu kommen. Möglicherweise können sie nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und werden sich stattdessen ein Auto zulegen.
Eine von der University of Newcastle durchgeführte Studie zum Pendelverhalten ergab, dass 7 % der Pendlerfahrten, die mehr als 50 Kilometer betrugen, 60 % der untersuchten CO2-Emissionen ausmachten. Je länger das Pendeln also dauert, desto grösser sind die Emissionen – insbesondere wenn ein Fahrzeug nur eine Person befördert, statt eines Busses oder Zuges, wo die Emissionen deutlich mehr Menschen „zugute“ kommen.
Energieverbrauch
Die Remote-Arbeit könnte auch zu einem erhöhten Energieverbrauch zu Hause für Dinge wie Heizen, Kochen und Beleuchtung führen. Eine Studie von WSP ergab, dass die Arbeit von zu Hause aus im Sommer bei einem typischen Pendler zu einer Verringerung der jährlichen Emissionen um 5 % führte. Im Winter jedoch produzierte ein durchschnittlicher Angestellter, der von zu Hause aus arbeitete, rund 80 % mehr CO2-Emissionen als jemand, der von einem Büro aus arbeitete. Die Beheizung eines Einzelhaushalts während des Arbeitstages ist nicht annähernd so effizient wie die Beheizung eines zentralen Büroraums. Da der größte Teil der Belegschaft von Shopify im kalten Kanada angesiedelt ist, ist dies ein Faktor, der sich auch in unseren Untersuchungen zeigen könnte.
Lesetipp: Viele unserer Shopify-Händler*innen legen großen Wert auf nachhaltiges und umweltschonendes Wirtschaften. So auch Napanion. Diese Erfolgsgeschichte liest du hier.
Änderungen des Lebensstils
Wir haben aber noch weitere Fragen: Werden mehr Mitarbeiter Essen bestellen und mehr Online-Einkäufe tätigen, was ihre Gesamtemissionen im Bereich Versand erhöht? Auf welche Temperatur werden die Menschen ihre Häuser einstellen? Welches Heiz- und/oder Kühlsystem werden sie verwenden? Werden viele Angestellte die Städte verlassen? Werden sie ein größeres Haus mieten oder kaufen, da sie jetzt mehr Zeit daheim verbringen? Können sie immer noch das Fahrrad als ihr primäres Transportmittel benutzen? All dies sind Fragen, die wir beantworten wollen.
Lesetipp: Digitales Nomadentum: Alles über das Arbeiten von überall aus erfährst du hier.
Klima darf kein nachgelagerter Gedanke sein
Umweltverträglichkeit muss in die Gestaltung jedes einzelnen Teils eines Unternehmens integriert werden. Es darf kein nachgelagerter Gedanke sein. Wenn wir langfristig planen, muss die Rücksichtnahme auf den Planeten in die Art und Weise einfließen, wie wir Produkte, Dienstleistungen und Systeme für unser gesamtes Ökosystem konzipieren.
Shopify hat die Möglichkeit, Klimabewusstsein in das Konzept unserer „Digital by Default“-Strategie zu integrieren. Wir werden über das hinausgehen, was leicht zu messen ist, indem wir die Verhaltensänderungen der Mitarbeiter quantifizieren und versuchen, ein möglichst umfassendes Bild der Remote-Arbeit zu erhalten.
Die Antworten auf unsere Fragen werden sich in den kommenden Monaten langsam offenbaren, während wir uns nach und nach in unsere neue Routine einleben. Zum Jahr 2019 haben wir eine Ausgangsbasis für ein Unternehmen mit mehr als 6.000 Mitarbeitern aufgestellt, die zentral an den verschiedenen Bürostandorten arbeiten. Während wir nun auf ein „Digital by Default“-Modell umsteigen, richten wir Werkzeuge zur Messung unseres neuen Fußabdrucks ein.
Lesetipp: Wie das Modelabel Twothirds nachhaltiges Wachstum umsetzt, kannst du hier nachlesen.
Die „Digital by Default“-Klimaverpflichtung von Shopify
Wir glauben, dass Shopify eine einzigartige Gelegenheit hat, Folgendes zu leisten:
- Vergleich unseres bürobasierten CO2-Fußabdrucks im Jahr 2019 mit unserem „Digital-by-Default“-Fußabdruck
- Erkundung von Ansätzen zur Messung, Reduzierung und Behandlung unseres neuen fragmentierten Fußabdrucks
- Dokumentation und Messung der Wechselwirkungen bei der Anpassung der Shopify-Belegschaft an die Remote-Arbeit
- Veröffentlichung unserer Erkenntnisse, um Hindernisse für andere zu beseitigen, die klimabewusste Entscheidungen in einer von Remote-Arbeit geprägten Welt treffen möchten
Das ist ein riesiges Unterfangen. Wir haben derzeit mehr als 6.000 Büros, die über den ganzen Globus verstreut sind, mit unterschiedlichen Heizsystemen und unterschiedlichen Energienetzen. Hinzu kommt, dass jeder Mitarbeiter angesichts der Loslösung von einem zentralen Büro andere Entscheidungen trifft.
Wir werden transparent sein – unabhängig vom Ergebnis
Ich bin kein Mensch, der wettet. Ich tippe aber, dass wir mit unserem „Digital-by-Default“-Ansatz einen geringeren CO2-Fußabdruck als bisher erzeugen werden. Hundertprozentige Gewissheit haben wir aber noch nicht, bloße Vorhersagen wollen wir ebenfalls nicht treffen.
Wir haben auch nie die Fahrten unserer Mitarbeiter verfolgt, weil dies historisch gesehen nicht Teil unseres Kompensationsprozesses war. Unsere Bürostandorte wurden stets sorgfältig so ausgewählt, dass sie zentral gelegen sind, sich in der Nähe öffentlicher Verkehrsmittel befinden und eine hohe Fußgängerfreundlichkeit aufweisen. Die meisten unserer Mitarbeiter lebten in der Nähe eines dieser Bürostandorte. Im Vergleich zu Geschäftsreisen war dieser Teil unseres Fußabdrucks historisch gesehen gering, aber wir werden die Pendeldistanz jetzt rückwirkend berechnen, um sie in unseren Gesamtvergleich einzubeziehen.
Wir werden über das hinausgehen, was leicht zu messen ist, um ein vollständiges Bild der Remote-Arbeit zu erhalten.
Wir wollen keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt erzeugen. Unser Hauptziel ist es jedoch, eine Kultur zu schaffen, die produktiv, effektiv und integrativ ist. Auf dem Weg der Bestimmung unseres neuen Fußabdrucks werden wir vollkommen transparent sein. Dabei wollen wir alles tun, was wir können, um unsere Unternehmenskultur mit der Verantwortung für die Umwelt in Einklang zu bringen.
Wir werden unsere Ergebnisse präsentieren, wie auch immer sie sich gestalten werden, im Guten wie im Schlechten. So wollen wir zu einem neuen globalen Verständnis der Auswirkungen Remote-Arbeit auf den Planeten beitragen.
Wir werden digital und nehmen unsere Händler mit auf die Reise
Die ganze Welt wurde innerhalb kürzester Zeit vor die Tatsachen dieser „Digital by Default“-Entwicklung gestellt. Es passiert, ob wir es annehmen oder nicht.
„COVID-19 fordert uns alle heraus, auf neue Art und Weise zusammenzuarbeiten“, schrieb Tobi in einem Twitter-Thread, in dem er unsere Entscheidung in Richtung „Digital-by-Default“ ankündigte. „Wir entscheiden uns dafür, das Ruder in die Hand zu nehmen, anstatt die bevorstehenden Veränderungen passiv über uns ergehen zu lassen. Wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher. Das ist keine Wahl, das ist die Zukunft."
Ein neuer Bericht von Gartner ergab, dass 41 % der Angestellten nach COVID-19 wahrscheinlich mindestens Teilzeit aus von Zuhause aus arbeiten werden, gegenüber 30 % vor der Pandemie. Das ist kein kurzfristiger Trend. Die Arbeit von zu Hause wird sich etablieren und wahrscheinlich immer mehr angenommen werden, wenn neue Normen und Werkzeuge geschaffen werden.
Während wir auf diese neue Realität zusteuern, werden wir auch anderen helfen, sich anzupassen. Ja, wir wollen den gesamten CO2-Fußabdruck von Shopify besser verstehen und reduzieren. Unser übergeordnetes Ziel ist es jedoch, anderen Unternehmern dabei zu helfen, bessere Klimaentscheidungen in puncto Remote-Arbeit zu treffen.
Wenn auch nur ein Bruchteil der 1.000.000 Shopify-Händler intensiver über seine Umweltauswirkungen nachdenkt, könnte Shopify seinen Betrag für eine globale Nachhaltigkeitsbewegung leisten. Und genau deshalb tun wir, was wir tun.
Bleib also dran, um mehr über unsere Erkenntnisse, Entscheidungen und Lektionen zu erfahren. Falls du Forschungsergebnisse gesehen hast, in denen der Energieverbrauch in Homeoffices im Vergleich zu herkömmlichen Büros gemessen wurde, würden wir uns sehr über eine Nachricht von dir freuen. Sende uns eine E-Mail an [email protected] oder hinterlasse uns unten einen Kommentar.
Illustration von Borja Bonaque
Geposted von Hendrik Breuer: Hendrik ist Redakteur des deutschen Shopify-Blogs. Möchtest du einen Gastbeitrag veröffentlichen? Dann lies bitte zuerst diesen Leitfaden.
Dieser Artikel von Stacy Kauk erschien ursprünglich auf Englisch im Shopify.com-Blog und wurde übersetzt.
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